Schlechtes muss nicht billig sein.

Schön, dass wir auch heute wieder einen gemeinsamen Blick in meine Digital Health Notizen der vergangenen zwei Wochen werfen. Ich bin offen gestanden auch ganz froh, damit heute nicht ganz alleine zu sein, denn irgendwie bin ich – um ein Filmzitat zu bemühen – gerade „mit der Gesamtsituation unzufrieden“.

Einerseits: Es wird Frühling, die kurze Zeit der mitteldicken Übergangsjacken ist angebrochen, die Temperaturen steigen. Aber andererseits: Meine Stimmung mag nicht so recht mitgehen. Sicher, allein die aktuellen internationalen Konflikte wären hier schon eine mehr als ausreichende Erklärung. Aber auch hier zu Lande … läuft es irgendwie nicht wirklich rund. Wissen Sie, ich habe nie besonderen Gefallen am sprichwörtlichen „Nationalstolz“ gefunden – aber ich möchte auch nicht verhehlen, dass die Außen-Wahrnehmung um die herausragende deutsche Ingenieurskunst, um unverrückbare Pünktlichkeit, um Effizienz, um bedingungslose Qualität, eben um: „Made In Germany“, meine Brust schon ab und an leicht hat anschwellen lassen: „Wir scheinen da offenbar etwas richtig zu machen, so gut sogar, dass andere zu uns auf- und von uns abschauen.“ Doch wie sagt man Neudeutsch so schön: „Reality hits hard“. Der Berliner Flughafen, Stuttgart 21, eine desolate Bundeswehr, geradezu verzweifelt anmutende Versuche, eine digitale Verwaltung aufzubauen. Meine stolzgeschwellte Brust fiel Kubikmillimeter um Kubikmillimeter in immer tieferer Demut zusammen. Meine persönliche Nemesis: Wie Sie sich sicher denken können, hilft es da so gar nicht, wenn man sich wie ich hauptberuflich mit dem deutschen Gesundheitssystem beschäftigt.

Aber die Zahlen lügen eben leider nicht: Von der Vorstellung, in Deutschland in einem „der besten Gesundheitssysteme der Welt“ zu leben, muss sich vorerst verabschieden, wer es nicht schon längst getan hat. Oder zumindest: Überdenken, was denn „das beste Gesundheitssystem“ dann überhaupt sein soll. „Teuer“ ja. Gemessen an anderen Volkswirtschaften geben wir geradezu exorbitant hohe Summen pro Person und Jahr für die Gesundheitsversorgung aus. Das Problem: So richtig Wirkung zeigen wollen diese Investitionen nicht: „Schlusslicht bei der Lebenserwartung, Spitzenreiter bei den Ausgaben“ durfte ich erst neulich auf einer Konferenz-Leinwand lesen: 81,2 Jahre durchschnittliche Lebenserwartung, teuer erkauft für – im Jahr 2019 – 6.418 $ pro Kopf. Die einen bekommen eine vergleichbare Lebenserwartung deutlich günstiger hin, etwa UK oder Griechenland. Und andere wiederum geben ähnlich viel wie wir pro Kopf aus und kommen damit auf eine wesentlich höhere Lebenserwartung – so etwa der Statistik-Primus: Die Schweiz. Mit vergleichbaren Ausgaben wie hierzulande lebt der Durchschnittsschweizer ganze 4,4 Jahre länger als Otto Normalverbraucher bei uns.
Schon wieder also. Schon wieder rüttelt eine Statistik an den Fundamenten des deutschen USP: Der Effizienz. Ganz offensichtlich haben wir – nicht einmal jetzt bei all den Haushalts-Herausforderungen – ein Finanzierungsproblem. Wir setzen unser Geld nur ineffizient ein. Natürlich habe ich mich in blinder Verdrängungswut sofort auf die Suche nach alternativen Erklärungen gemacht: Warum sonst könnte etwa das Schweizer Gesundheitssystem noch effizienter als das Deutsche sein? Und tatsächlich: Die Qualität der Nachbarschaft, das soziale Umfeld, eine allgemein höhere Zufriedenheit mit dem eigenen Leben und – natürlich – eine Milch- und Käse-reiche Ernährung wurden allesamt – mal mehr mal weniger wissenschaftlich – als Einflussfaktoren auf ein langes Schweizer Leben identifiziert. Neben diesen – ganz offensichtlich ausschlaggebenden – Faktoren würde ich der Vollständigkeit halber aber gerne noch einen weiteren Faktor in den Ring werfen: Digitalisierung. Denn ja: Die Schweiz gibt etwa so viel wie Deutschland pro Kopf aus, ist im Bereich der Digitalisierung aber ein gutes Stück weiter als wir: Beim Digitalisierungsgrad Europäischer Länder glänzt Deutschland eher verhalten mit einem Index von 52,9 – während die Schweiz direkt hinter Dänemark mit einem Wert von 69,3 führt.

Die Lösung vieler Probleme unseres Gesundheitswesens ist es also nicht, entweder wie von Vielen gefordert Geld einzusparen oder wie von fast genauso Vielen gefordert mehr Geld auszugeben, sondern wie von leider wenigen gewollt mit Hilfe der Digitalisierung unser Gesundheitswesen effizienter zu machen – also mit jedem ausgegeben Euro einen höheren Wirkungsgrad zu erzielen.

In diesem Sinne: Krönchen richten und los geht’s. Ich lade jetzt im Sinne einer höheren Lebenszufriedenheit erstmal unsere Nachbarn zu Milch und Käse ein – und wenn noch Zeit ist, rühre ich weiter die Werbetrommel für die Digitalisierung im Gesundheitswesen. Und wir sehen uns an dieser Stelle in vier Wochen wieder, wenn Sie mögen.

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