DiGA und der GKV-SV: The Same Procedure as Last Year.

Mit den ersten Digital Health Notizen des Jahres wünsche ich Ihnen ein frohes, gesundes und glückliches 2024 – schön, dass Sie sich auch heute wieder die Zeit für einen gemeinsamen Streifzug durch die Welt der Digital Health nehmen. Doch bevor wir voll in unser heutiges Thema einsteigen: Wie sind Sie ins neue Jahr gekommen? Manche gehen das ja ganz traditionell an, mit einem schönen Film oder einem gemeinsamen Essen bei Freunden? Vielleicht mit Raclette oder Fondue? Oder ganz unspektakulär, ohne große Pläne, Organisation und Erwartungen? Das ist ja immer so eine Sache mit solchen „besonderen Gelegenheiten“: Je höher sich die Erwartungen schrauben, desto tiefer der Fall, wenn sie sich nicht erfüllen – und desto fulminanter natürlich das Hochgefühl, wenn alles nach Plan oder gar besser läuft.

Ich finde ja, es kommt vor allem auf die Gäste an. Die einen freuen sich einfach auf einen schönen Abend. Und andere, die Lieblinge jeder Party, wissen schon zu Beginn, dass das alles eh nichts wird. Womit wir auch schon bei unserem heutigen Thema wären: Dem aktuellen “Bericht des GKV-Spitzenverbandes über die Inanspruchnahme und Entwicklung der Versorgung mit digitalen Gesundheitsanwendungen” – kurz: dem aktuellen DiGA-Bericht. Die „Apps auf Rezept“ gibt es in Deutschland seit nunmehr drei Jahren, sprich: Seit mehr als drei Jahren können Ärztinnen und Ärzte digitale Anwendungen aus dem DiGA-Verzeichnis zur Erstattung durch die gesetzlichen Krankenkassen verordnen. Führen wir uns also ein paar Ergebnisse aus dem aktuellen Bericht zu Gemüte. Zunächst: das Angebot wächst: War im letzten Bericht noch von 40 DiGAs die Rede, weist der aktuelle Report bereits 53 Gesundheitsanwendungen aus. Je nach Party-Typ würden die einen hier einen durchaus respektablen Zuwachs von 30% im Vergleich zum letzten Berichtszeitraum sehen – ich gehöre dazu.

Andere wiederum – etwa der GKV-Spitzenverband – konstatieren eine „überschaubare“ Gesamtzahl an DiGAs. Zum ersten Mal sehen wir im DiGA-Verzeichnis nun übrigens mehr dauerhaft als vorläufig gelistete Anwendungen. Zur Erinnerung: Im Rahmen des DiGA Fast-Track-Verfahrens werden Anwendungen dauerhaft gelistet, wenn Sie im Laufe des Verfahrens klinisch einen positiven Versorgungseffekt nachgewiesen haben – vorher und nur für eine beschränkte Zeit werden die DiGAs entsprechend nur vorläufig gelistet. Meine Interpretation: Inzwischen ist bei der Mehrzahl der gelisteten DiGAs dieser Nachweis erbracht. Andere – etwa der GKV-Spitzenverband – beklagen, dass bisher nur 10 Anwendungen sofort dauerhaft gelistet wurden. Aha. Kennen Sie jemanden, der aus Prinzip keine Weihnachts-Gans mag, weil man nach zehn Minuten im Ofen meist noch nicht weiß, ob sie am Ende schmeckt? Der aktuelle Bericht weist außerdem um 2/3 gewachsene Verschreibungszahlen im Vergleich zum Vorjahr aus. Ich lese das – da kommt der Mathematiker in mir durch – als eine Steigerung um die 66 Prozent.

Der GKV-Spitzenverband beobachtet zwar ebenfalls ein kontinuierliches Wachstum, natürlich aber weit hinter den anfänglichen Erwartungen. Und bemängelt zugleich, dass DiGAs aktuell noch immer „kaum in bestehende Versorgungspfade eingebettet“ sind. Ach ja, könnte man dazu nur etwas beitragen. Verstehen Sie mich bitte nicht falsch: Dass den – in meinen Augen – oft übermäßig negativen Interpretationen des GKV-Spitzenverbandes die allgemein kritische Haltung der GKV gegenüber DiGAs zu Grunde liegt, ist mir klar, und aus Sicht des Verbandes verständlich. Dass DiGAs in ihrer Versorgungsrolle noch nicht da sind, wo sie sein könnten: Geschenkt. Dass es bei DiGAs für Krankenkassen, DiGA-Hersteller, BfArM, Verordner:innen und Patient:innen noch zahlreiche Herausforderungen gibt: Selbstverständlich. Von Herausforderungen bei der Preissetzung über die Länge des Listungsprozesses bis zum komplizierten Einlösen von DiGA-Codes. Mein Problem ist hierbei nicht, solche Herausforderungen beim Namen zu nennen – ganz im Gegenteil. Ich stoße mich an einem – mal mehr, mal weniger subtilen – Framing, das sich Jahr für Jahr wie ein destruktives Dinner-for-One anschickt, die positiven Entwicklungen bei DiGAs zu relativieren und abzuwerten. Denn das ist nicht nur ein steter Tropfen, der DiGAs in der Politik das Leben schwerer macht. (Bewusst oder unbewusst) irreführendes Messaging findet über reichweiten-starke Medien auch den Weg in den Rest der Gesellschaft: Erinnern Sie sich an das Beispiel von weiter oben – dass in der Executive Summary des GKV-SV DiGA-Reports bemängelt wird, dass von 53 DiGAs bisher nur 10 sofort dauerhaft gelistet wurden? Daraus wurde in einem Tagesschau-Online-Beitrag: „In den drei Jahren konnte laut GKV nur jede fünfte digitale Anwendung einen Nutzen nachweisen.“ – und das ist das, was bei zahlreichen Menschen hängenbleiben wird: Trotz einer Verdoppelung der Verschreibungen und obwohl die Mehrheit der DiGAs in der Realität ihren Nutzen inzwischen klinisch bewiesen hat. Auf ein spannendes gemeinsames Jahr hier bei den Digital Health Notizen: I’ll do my very best und wir sehen uns an dieser Stelle in zwei Wochen wieder, wenn Sie mögen.

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