Was lange währt, wird endlich gut – oder nicht? Die ePA für alle startet!
Die elektronische Patientenakte (ePA): Klingt erstmal trocken, oder? Aber keine Sorge, ich erkläre Ihnen gleich, warum sie ein echter Gamechanger im deutschen Gesundheitswesen sein könnte. Tatsächlich zählt die ePA zu den ehrgeizigsten Digitalisierungsprojekten in Deutschland. Ihr Ziel: Patientendaten zentral und sicher speichern, um für uns alle eine bessere und effizientere Versorgung zu ermöglichen. Und ja, wir sind mal wieder spät dran. Laut der WHO nutzen weltweit schon 125 Länder elektronische Gesundheitsakten, davon 26 in Europa. Na, spüren Sie auch schon den Druck?
Eigentlich begann alles bereits in den frühen 2000er Jahren. Der erste große Schritt war das Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung 2004. Seitdem wurden Rechtsrahmen geschaffen, Pilotprojekte gestartet, politische Prioritäten geändert und unzählige Diskussionen geführt – kurz: viel geredet, wenig gemacht. Komplexe Datenschutzanforderungen, technische Hürden, Skepsis bei Ärzt:innen und Patient:innen sowie die COVID-19-Pandemie haben das Projekt jahrelang ausgebremst. Aber jetzt, am 15. Januar 2025, soll es endlich losgehen. Ein großer Schritt für das deutsche Gesundheitssystem, ein kleiner für die Digitalisierung.
Warum brauchen wir eine ePA?
Ein Beispiel aus dem Alltag: Ein Patient wechselt den Hausarzt. Der neue Arzt hat keinen Plan von der Krankengeschichte und den Medikamenten des Patienten. Folge: unnötige Doppeluntersuchungen und das Risiko von Medikationsfehlern. Genau hier kommt die ePA ins Spiel. Sie vernetzt Ärzt:innen, Apotheken und Krankenhäuser – und macht relevante Daten zentral und sicher verfügbar. Klingt praktisch? Ist es auch.
Oder stellen Sie sich vor: Sie liegen mit einem gebrochenen Bein in der Notaufnahme, und die Ärzt:innen fragen nach Ihren Medikamenten. Das Letzte, was Sie in diesem Moment brauchen, ist ein Ratespiel. Mit der ePA? Ein Klick, und alle relevanten Infos sind da. Kein Chaos, keine Verzögerung.
Keine verstreuten Papierberge oder verlorenen Arztbriefe mehr – alles digital, alles übersichtlich. Doppeluntersuchungen? Gehören der Vergangenheit an. Medikamentenwechselwirkungen? Deutlich geringer. Notfall? Die wichtigsten Infos sind sofort zur Hand. Ärzt:innen profitieren zudem von weniger Papierkram und mehr Zeit für das, worum es wirklich geht: Patient:innen.
Noch entscheidender: In Notfallsituationen, in denen es oft um Sekunden geht, können die sofort abrufbaren Informationen der ePA buchstäblich Leben retten. Und wer möchte nicht, dass die Ärzt:innen in einer Krise den besten Überblick haben?
Die Chancen und Potenziale
Die ePA hat das Potenzial, das Gesundheitswesen in vielerlei Hinsicht zu revolutionieren – warum? Hier die Highlights:
- Vermeidung von Doppeluntersuchungen: Alles auf einen Blick – keine unnötigen Tests mehr. Eine umfassende Krankengeschichte hilft, unnötige Wiederholungen von Untersuchungen zu vermeiden. Das spart nicht nur Zeit, sondern reduziert auch die Belastung für uns Patient:innen.
- Bessere Behandlung: Mit einer vollständigen Krankengeschichte werden Therapien passgenauer, die Behandlungen sind besser auf die Bedürfnisse der Patient:innen abgestimmt.
- Patientensicherheit: Medikamentenwechselwirkungen werden dank der digitalen Medikationsübersicht minimiert. Gerade bei komplexen Therapieplänen ist das ein entscheidender Vorteil.
- Arztwechsel leicht gemacht: Alle Daten sind direkt verfügbar – kein Chaos, keine Verzögerungen.
- Notfallhilfe: Allergien, Diagnosen, Operationen – wichtige Infos sofort zur Hand.
- Forschung: Anonymisierte Daten könnten neue Therapien und Präventionsstrategien ermöglichen.
- Selbstbestimmung: Patient:innen entscheiden, wer was sehen darf – zumindest in der Theorie.
- Effizienz: Weniger Zeit für Bürokratie, mehr für Patient:innen.
Darüber hinaus könnte die ePA den Fachkräftemangel abmildern. Effizientere Abläufe bedeuten: mehr Zeit für die Versorgung, weniger für die Administration. Klingt doch gut, oder?
Und vergessen wir nicht die Wissenschaft. Mit anonymisierten Daten lassen sich neue Krankheitsmuster erkennen, Prävention verbessern und innovative Behandlungsansätze entwickeln. Die ePA ist also nicht nur für den Alltag, sondern auch für die Medizin der Zukunft ein echter Gewinn.
Ein weiteres Szenario: Sie ziehen in eine neue Stadt, und Ihr neuer Hausarzt fragt nach Ihren Impfungen. Statt minutenlang zu überlegen oder nach alten Impfpässen zu suchen, öffnet er die ePA und sieht sofort: Alles aktuell, keine Nachholimpfungen nötig. Praktisch, oder?
Aber… die Herausforderungen
So vielversprechend sich das auch alles anhört, natürlich gibt es auch Hürden – und die haben es in sich:
- Zeitaufwand: Ärzt:innen schätzen, dass die Pflege der Akte das Praxisteam Zeit kosten wird – im Schnitt kann sich die Mehrarbeit pro Patient:in auf zwei Minuten belaufen. Wenn man von einer normalen Vormittagssprechstunde mit durchschnittlich 40 Patienten ausgeht, heißt das, ein:e Helfer:in ist 80 Minuten mit der Pflege der ePA am Tag beschäftigt.
- Datenschutz und Sicherheit: Die Speicherung sensibler Gesundheitsdaten auf zentralen Servern birgt Risiken wie Hackerangriffe und mögliche Datenlecks – wer will schon, dass seine Gesundheitsdaten im Netz landen?
- Komplexe Zugriffsberechtigungen: Wer darf was einsehen? Und dazu keine Ordnungsstruktur, keine Suchfunktion – na, wer freut sich schon auf das Datenchaos?
- Technische Probleme: Wer kennt das nicht: Der Konnektor in der Praxis funktioniert mal wieder nicht? Die Praxis-Software ist nach dem letzten Update abgestürzt? Und schon ist der Praxisalltag massiv behindert!
- Fehlende Akzeptanz: Nur 14 % der Ärzt:innen sehen laut Umfragen eine klare Verbesserung der Versorgung. Vertrauen schaffen? Schulungen? Dringend notwendig.
- Rechtsunsicherheiten: Was passiert, wenn etwas schiefläuft und ein Behandlungsfehler entsteht? Klärung tut Not.
- Unvollständige Daten: Patient:innen könnten wichtige Infos vergessen oder absichtlich weglassen – mit möglicherweise fatalen Folgen.
Ein Beispiel aus der Praxis: Ein Patient entscheidet sich, seine psychologische Behandlung nicht in der ePA zu speichern. Der Hausarzt verschreibt ihm ein Medikament, das jedoch Wechselwirkungen mit seinen Antidepressiva hat – mit schwerwiegenden Folgen. Solche Fälle zeigen, wie wichtig vollständige Daten sind.
Die Pflege der ePA bringt nicht nur organisatorische Herausforderungen mit sich, sondern erfordert auch einen Wandel im Denken. Ärzt:innen und Patient:innen müssen die ePA als gemeinsamen digitalen Helfer sehen – und das braucht Zeit.
Der erste Schritt: Der digitale Medikationsprozess (dgMP)
Als erstes Feature bringt die ePA den digitalen Medikationsprozess. Klingt kompliziert? Bedeutet im Kern: Patient:innen erhalten eine digitale Übersicht über ihre Medikamente. Das sorgt für mehr Sicherheit und weniger Fehler – besonders bei komplexen Therapieplänen. Ein kleiner Schritt, aber ein wichtiger.
Der dgMP ist nur der Anfang. Weitere Funktionen wie Arztbriefe, Entlassberichte und Befunde sollen folgen. Mit jeder Ausbaustufe wird die ePA ein bisschen mehr zur Schaltzentrale für Gesundheitsdaten.
Stellen Sie sich vor: Ihre Ärztin öffnet die ePA, sieht Ihre vollständige Medikationsliste und stellt fest, dass ein kürzlich verschriebenes Medikament besser durch ein anderes ersetzt werden sollte – bevor es zu Problemen kommt. Ein echter Gewinn für die Patientensicherheit.
Risiken und Kritik
Es gibt aber auch berechtigte gesellschaftliche Bedenken:
- Einschränkung der Selbstbestimmung: Ab 2025 können Patient:innen Dokumente nur noch komplett ausblenden oder freigeben. Warum nicht selektiv?
- Diskriminierung: Sensible Diagnosen könnten – trotz Freigabeoptionen – durch Medikamente erkennbar sein.
- Missbrauch: Was, wenn Daten für nicht-medizinische Zwecke genutzt werden? Versicherungen und Arbeitgeber würden sicher gerne mitlesen.
- Forschungslücken: Auf unvollständigen Daten basierende Studien können zu irreführenden Ergebnissen führen.
Auch ethische Fragen stehen im Raum: Wie gehen wir mit genetischen Informationen um? Dürfen Arbeitgeber oder Versicherungen diese nutzen? Und wie verhindern wir, dass sensible Daten in falsche Hände geraten?
Fazit
Die ePA ist kein Zauberstab, aber ein wichtiger Schritt in die Zukunft. Sie könnte das Gesundheitswesen effizienter und sicherer machen – vorausgesetzt, wir lösen die zahlreichen Herausforderungen. Das Potenzial ist da, und mit der richtigen Umsetzung könnte die ePA die Versorgung in Deutschland revolutionieren. Jetzt heißt es: Ran an die Arbeit – für ein Gesundheitssystem, das wirklich für die Menschen da ist.
Die ePA zeigt aber auch, dass Digitalisierung nicht nur eine technische Frage ist, sondern eine gesellschaftliche. Wenn wir sie richtig angehen, profitieren alle: Patient:innen, Ärzt:innen, und letztlich wir alle – als Menschen, die sich auf ein modernes, effizientes Gesundheitssystem verlassen können.
Vielleicht sitzen wir in ein paar Jahren auf der Couch, scrollen durch unsere digitale Gesundheitsakte und denken: „Wie haben wir das eigentlich früher gemacht?“ Die Antwort: umständlich, langsam, und manchmal auch gefährlich.
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Torsten Christann
Managing Partner