7 Insights zum Thema „DiGA“ von Alexander Voigt

01: Alexander Voigt ist DiGA Experte seit der ersten Stunde und verantwortet DiGA Projekte bei Digital Oxygen. Was ist das besondere am DiGA Verfahren?

Alexander Voigt: Die „DiGA“ genannten Digitale Gesundheitsanwendungen sind zugelassene Medizinprodukte, die ärztlich verschreibbar und durch Krankenkassen erstattbar sind. Deutschland hat hiermit 2020 weltweit Neuland betreten – ein Beispiel, dem mittlerweile immer mehr Länder folgen, unter anderem Frankreich. Das Besondere am DiGA-Verfahren ist die vorläufige Zulassung: Diese ermöglicht es Unternehmen mit vielversprechender Evidenz bereits erstattet zu werden, während die großangelegte Studie zum Nachweis eines positiven Versorgungseffektes noch stattfindet. Im Vergleich zu anderen Markteintrittswegen ermöglicht eine DiGA-Listung auf einen Schlag Zugang zu allen gesetzlich Versicherten in Deutschland, das sind knapp 90% der erwerbstätigen Versicherten.

Ein derart attraktiver Marktzugang muss bei den begrenzten Mitteln im Gesundheitssystem jedoch auch besonders geschützt werden: Bis alle Anforderungen für eine vorläufige Listung erfüllt sind, vergehen schnell 1,5 Jahre – gefolgt von weiteren 6 bis 9 Monaten im eigentlichen Zulassungsverfahren, dem DiGA Fast-Track-Verfahren, des BfArM (Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte).

02: Studien zum positiven Versorgungseffekt sind bekanntermaßen der häufigste Kritikpunkt im DiGA-Fast-Track-Verfahren. Wie können DiGA-Hersteller hier vorbeugen?

Alexander Voigt: Zunächst einmal ist es wichtig zu verstehen auf welche wissenschaftlichen Endpunkte die eigene DiGA einzahlen kann. Die Auswahl des geeigneten Messinstrumentes spielt am Ende eine entscheidende Rolle dafür, wie gut der positive Versorgungseffekt belegt werden kann – sei es der medizinische Nutzen oder eine patientenrelevante Struktur- und Verfahrensverbesserung. Wichtig ist es, sich bewusst zu sein, wer der eigentliche Adressat der Studienergebnisse ist, denn es gibt mehrere. Eine gute DiGA-Studie sollte daher:

  • hinreichend wissenschaftliche Belege für eine Listung durch das BfArM liefern.
  • die Ableitung ökonomischer Nutzenanalysen für die Preisverhandlungen mit dem Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenkassen (GKV-SV) ermöglichen.
  • die Formulierung von Argumenten gegenüber Praxen in der Vermarktung ermöglichen.

Für viele auch überraschend: Für die vorläufige Listung bedarf es mittlerweile in der Regel mehr als nur einer vorläufigen Datenauswertung. „Intra-individuelle Vergleiche“ und „mini-RCTs“ sind hier die Stichworte.

03: DiGA haben in der Vergangenheit immer wieder negative Schlagzeilen beim Thema Datensicherheit gemacht. Ließe sich das nicht verhindern?

Alexander Voigt: Das stimmt, leider weisen einzelne gelistete DiGA immer wieder Sicherheitslücken auf, die dann von Hacktivisten gefunden werden und zu einem entsprechenden Medien-Echo führen. Aus unserer Sicht liegt es im eigenen, unternehmerischen Interesse der DiGA-Hersteller, nicht Teil dieser Liste werden und die Sicherheit der Patientendaten zu gewährleisten. Mit unserem Netzwerk aus Experten unterstützen wir die Anbieter aktiv dabei, ihre Produkte auf Herz und Nieren zu prüfen und Schwachstellen zu identifizieren.

04: Was ist die größere Herausforderung: die DiGA-Zulassung oder der Markterfolg? 

Alexander Voigt: Tatsächlich ist die Vermarktung in die Praxen und an Patient:innen die größere Anstrengung. Auch wenn es sich zunächst anders anfühlt, ist die Listung als DiGA beim BfArM nicht die Ziel- sondern die Startlinie. Gerade im entscheidenden ersten Jahr nach der Listung sind viele Teams jedoch auf die Erbringung ihres Nutzennachweises und die Erfüllung zusätzlicher technischer Anforderungen fokussiert. Was bei der Vielzahl an Verpflichtungen hilft, ist eine gute Vertriebsstrategie, die Orientierung bietet.

Nicht alles muss man dabei jedoch selbst machen. Viele DiGA-Hersteller gehen mittlerweile erfolgreich Vertriebspartnerschaften ein, bei denen Corporates den notwendigen Zugang zu Praxen ermöglichen. Damit beide Seiten am Ende glücklich sind, müssen jedoch eingangs alle operativen Fragen kritisch diskutiert werden.

Sollte man sich für den Aufbau eines eigenen Außendienstes entschieden haben, spielen das Außendiensttraining und die Kenntnis möglicher Einwände eine entscheidende Rolle. Wir unterstützen Hersteller bei allen Fragen rund um ihre DiGA-Vermarkung.

05: DiGA haben den Ruf, extrem teuer zu sein. Was ist da dran?

Alexander Voigt: DiGA-Preise können in der Tat auf den ersten Blick zu hoch erscheinen – gerade, wenn man die Vielzahl an günstigen oder kostenlosen Lifestyle-Apps im Blick hat. Teil der Wahrheit ist aber auch, dass die Preise nicht von ungefähr kommen, sondern ein Ergebnis der hohen Anforderungen an Technik und Evidenz sind. Qualität hat ihren Preis. Leider sind einige DiGA-Hersteller mit ihrer Preispolitik aber übers Ziel hinausgeschossen, was sich auch in deutlich niedrigeren Verschreibungszahlen verglichen mit ähnlichen DiGA niederschlägt. Es zeigt sich mittlerweile: Nicht alles was geht, funktioniert auch. Eine behutsame Preisstrategie bringt einen hier oft weiter.

Die verhandelten Preise für dauerhaft zugelassene DiGA liegen im Schnitt deutlich unter den vorherigen Preispunkten. Für die Hersteller ist eine detaillierte Vorbereitung auf den Verhandlungsprozess daher unabdingbar. Wie oben angerissen kommt der Studie zum Nachweis eines positiven Versorgungseffektes die entscheidende Rolle zu. Dies betrifft nicht nur das Studienergebnis, sondern auch die Studienqualität und sollte von Beginn an mitgedacht werden.

06: Nun liegt die Einführung des DiGA-Verfahrens bereits einige Zeit zurück. Ist das Verfahren ein Erfolg?

Alexander Voigt: Alles eine Frage der Perspektive. DiGA sind für die Ärzteschaft eine zusätzliche Behandlungsmethode, mit der man sich erst einmal vertraut machen muss. Das Potential ist unbestritten und gerade bei der Überbrückung oder Begleitung von Therapien können DiGA den Patient:innen helfen. Sie konkurrieren jedoch auch mit klassischen Medizinprodukten und Arzneimitteln um die Aufmerksamkeit der Verschreiber:innen. Wie bei jeder Produkteinführung im Gesundheitswesen sind Hockeystick-Erfolge also eher die Ausnahme. Wir sehen aber, dass die Ärzteschaft immer mehr Erfahrungswerte mit DiGA sammeln und sich die anfängliche Skepsis durch gute Kommunikation schrittweise abbaut. Die Richtung und die Entwicklung stimmt. Das ist schon ein Erfolg.

07: Zu guter Letzt: Wie unterstützt Digital Oxygen Unternehmen im DiGA-Bereich?

Alexander Voigt: Wir sehen uns als End-to-End Partner für angehende und gelistete DiGA-Anbieter: Von der Vorbereitung der Einreichung, über BfArM-Beratungen und das eigentliche Zulassungsverfahren bis hin zur Vermarktung und Preisverhandlung. Selbstverständlich bilden wir das nicht alles im eigenen Team ab, sondern arbeiten themenbezogen mit einem Netzwerk namhafter Spezialisten zusammen. Dies betrifft beispielsweise die Erstellung von Evidenzkonzepten oder den Außendienst.

Um den Einstieg in die eigene DiGA-Entwicklung zu vereinfachen, haben wir den DiGA-CANVAS entwickelt. Er bildet alle relevanten Dimensionen für ein erfolgreiches DiGA-Projekt ab. Sollte man sich dazu entscheiden, in eine DiGA zu investieren oder eine DiGA zu übernehmen, unterstützen wir im Sinne einer klassischen Commercial Due Diligence bei der Bewertung der technischen Basis, der Evidenzstrategie und des erwarteten Markterfolgs.

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